Feedback ist mächtig: Feedback kann verletzen und beflügeln. Feedback kann motivieren und demotivieren. Feedback kann aufbauen und vernichten. Feedback kann bestätigen und grundsätzlich infrage stellen. Feedback kann verklären und den Boden unter den Füßen wegziehen, befördern und verhindern, ermöglichen oder blockieren, für Neues öffnen oder Widerstände hervorrufen. Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen.
Den richtigen Ton treffen
Welche Wirkung Feedback erzielt, hängt vor allem davon ab, wie es transportiert wird. Denn nur Feedback, das das Gegenüber wirklich erreicht, kann auch etwas bewegen. Um das Gegenüber zu erreichen und im Sinne des Absenders wirksam zu sein, braucht Feedback eine Tonart, die beim Gegenüber die richtigen Saiten zum Schwingen bringt. Worauf es dabei ankommt, ist in zahlreichen Blogartikeln und Veröffentlichungen umfangreich beschrieben und hier nur der Vollständigkeit wegen erwähnt:
- Rahme das Feedback: Beginne mit einer positiven Rückmeldung bevor Du Kritisches nennst. Ende mit einer bestärkenden Aussage.
- Sende ICH-Botschaften: Äußere eigene Beobachtungen und Emotionen. Vermeide persönlich Angriffe: “Es ärgert mich, dass Du … machst.“ statt “Du machst … wieder falsch.“
- Werde konkret: Benenne klar und nachvollziehbar, was Dein Gegenüber konkret gemacht oder unterlassen hat und welche Wirkung dadurch hervorgerufen wurde.
- Vermeide Wertungen: Beschreibe Deine Wahrnehmungen und verzichte auf Wertungen oder Beurteilungen.
- Nutze einen geeigneten Zeitpunkt: Feedback ist am wirksamsten, wenn es zeitnah erfolgt und Dein Gegenüber darum gebeten hat. Ansonsten wähle einen ungestörten Zeitpunkt unter vier Augen und vergewissere Dich, dass der Empfänger gerade bereit ist, Feedback entgegen zu nehmen.
Wer diese Feedbackregeln berücksichtigt, kann darauf vertrauen, wirksam Feedback zu geben, auch wenn es nicht immer sofort in der Reaktion des Gesprächspartners spürbar ist.
Angriff oder Geschenk
Doch was macht Feedback eigentlich so mächtig, dass es uns demotivieren, verletzen oder blockieren aber auch beflügeln, motivieren und aufbauen kann?
Feedback adressiert unser Selbstbild. Jedes Feedback – ob positiv oder negativ – gleichen wir mit dem eigenen Bild von uns ab. Positives Feedback empfinden wir als Bestätigung unseres Selbstbildes und schöpfen daraus Motivation, Selbstsicherheit und Energie.
Kritisches Feedback hingegen erleben wir als Diskrepanz zwischen Selbstbild und dem Bild, das andere von uns haben (Fremdbild). Abhängig von der Beschaffenheit unseres eigenen Selbstwertgefühls erleben wir kritische Rückmeldungen mehr oder weniger als Angriff auf unsere Persönlichkeit und reagieren deshalb oft zuerst mit innerer Abwehr. Kein Wunder: Schließlich wird unser Selbstbild in Frage gestellt, gar unser Selbstwert bedroht. Reflexartig schützen wir uns vor dieser Bedrohung und neigen dazu, auf äußere Umstände oder andere Beteiligte zu verweisen – frei nach dem Motto “wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist die Badehose schuld.” Damit sorgen wir dafür, dass unser Selbstwert erhalten bleibt.
Nach diesem ersten natürlichen Abwehrimpuls setzt häufig ein Nachdenken ein. Wir sind irritiert von der Diskrepanz zwischen unserem Selbstbild und dem rückgemeldeten Fremdbild. Unser Selbstbild wackelt. Als lern- und entwicklungsbereiter Feedbackempfänger fragen wir uns “Was ist dran an diesem Feedback? Wie kam es dazu? Was hat es mit meinem Verhalten zu tun? Was sollte ich künftig anders machen, um statt dieser Kritik positives Feedback zu erhalten?“
Und schon entfaltet Feedback seine ganze Macht. Es löst ein konstruktives infrage stellen des eigenen Verhaltens, der eigenen Wahrnehmung und Haltung und des eigenen Selbstbildes aus. In dieser Begegnung mit uns selbst liegt die Macht des Feedbacks. Sie kann unangenehm oder schmerzhaft sein, aber sie birgt die wertvolle Chance, mehr über sich selbst und die eigene Umgebung zu lernen, Verhaltensweisen zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Diese Begegnung macht Feedback zum Geschenk, weil daraus Erkenntnis und persönliches Wachstum erwächst.
Wer Feedback in diesem Sinne als Geschenk versteht, es gezielt verschenkt und selbst einfordert, kann wertvolle Impulse für Entwicklung setzen und gewinnen.